Zeit zum Handeln?
Bei der Gründung von Ferrum 1917 ist der Kundenstamm überschaubar: Hero Lenzburg und einige grössere Bauern und Metzgereien im Mittelland. Erst als der ambitionierte Rudolf Werder 1925 Ferrum übernimmt, wird der Export zum Thema – oder zum Traum, der 1929 mit einem bösen Erwachen endet: mit der Weltwirtschaftskrise. Zum Glück entwickelt sich die Binnennachfrage erfreulich – Tourismus und Militär sei Dank.
Exportschlager
Friede und Stabilität sind die Motoren der Weltwirtschaft. Als 1945 in Europa endlich die Waffen ruhen, ist Ferrum im kriegsverschonten Rupperswil bereit für den Schritt ins Ausland. Am schnellsten reagiert das umtriebige Verkaufsteam der Wäschereiabteilung. Vertretungen in Westeuropa, Südamerika und der Türkei sollen helfen, der daniederliegenden Konkurrenz aus Deutschland den Rang abzulaufen. Intensiv bewirbt Ferrum mit Reklamen und Ausstellungsständen seine Wäsche- und Glättemaschinen. Vor allem der französische Markt erweist sich als sehr lukrativ. Eine langfristige Verbindung kommt mit George Theiler aus dem elsässischen Soultz zustande. Sein Kundennetz reicht bis zu den exklusiven Luxushotels an der Côte d’Azur. Als Anfang der 1950er-Jahre der Welthandel so richtig Fahrt aufnimmt, profitiert davon auch Ferrums noch junge Zentrifugenabteilung. Die Pharmaindustrie aus Basel, ihr bester Kunde, exportiert nicht nur, sondern nimmt im Ausland zunehmend eigene Produktionsstätten in Betrieb. Bestellt wird dennoch in der Schweiz. So finden Ferrum- Zentrifugen reihenweise ihren Weg nach Amerika und Asien. Auch über zwei Drittel der Abnehmer von Konservenmaschinen stammen zu Beginn der 1960er-Jahre aus dem Ausland. Ob Italien, Deutschland, Skandinavien: Mit ihren technisch führenden Vakuumverschliessautomaten für Kaffeeröstereien und Spezialentsteinmaschinen sichert sich Ferrum eine treue Kundschaft.
Niederländisches Bier
Erst die Ölkrise ab 1973 versetzt Ferrums Wachstumskurve einen empfindlichen Knick. Ferrum muss reagieren – und findet 1976 bei der niederländischen Grossbrauerei Bavaria die Lösung: Um den Bedeutungsverlust der Nahrungskonserven zu kompensieren, wagen sich die Techniker erstmals an die Getränkedose. Ein heikles Unterfangen, weil das Knowhow für den Verschluss der dünneren und wenig belastbaren Dosenformen fehlt. Umso wichtiger ist der Rückhalt durch die Besitzer der Bavaria, die Familie Swinkels. Überzeugt vom technischen Erfindergeist der Ferrum-Techniker, lässt sich Bavaria von einigen Kinderkrankheiten der Prototypen nicht entmutigen. Der Lohn: Als Ferrums Dosenverschliesser F900 in Serie geht, ist dieser leistungsmässig sofort auf Augenhöhe mit der amerikanischen Konkurrenz. Ferrum eröffnet die hervorragende Referenz den Einstieg ins Geschäft mit Getränkedosenverschliessern – weiterhin ein weltweiter Wachstumsmarkt – und Bavaria vertraut bis heute auf die Hochleistungsautomaten aus dem Aargau.
Asiatische Geschäfte
Seit den 1980er-Jahren – insbesondere nach dem Zusammenbruch des Ostblocks 1989 – ist die Globalisierung total. Ägypten, Irak, Indien, Indonesien, Russland, China, Japan: Mehr und mehr arbeiten die Geschäftsbereiche Konserven- und Zentrifugentechnik von Ferrum fürs Ausland. Ein Meilenstein markiert 1994 die Übernahme der Schubzentrifugen von Sulzer-Escher-Wyss. Vielfältig einsetzbar in der Produktion von chemischen Grundstoffen etablieren sie sich neben den Schälzentrifugen als zweites – exportorientiertes – Standbein. Insbesondere in China ist der Bedarf nach Schubzentrifugen riesig. Dennoch: Sich Zutritt in diesem stark regulierten Markt zu verschaffen, bleibt eine Herausforderung. Sicherheit und Erfahrung bietet da die enge Zusammenarbeit mit unserem Vertriebspartner. Investiert wird zugleich in die Ausbildung der chinesischen Verkaufsingenieure. Bald übertrifft der gemeinsame Erfolg alle Zielvorstellungen: Gingen in den 1990er-Jahren durchschnittlich fünf bis sechs Zentrifugen pro Jahr nach China, waren es im Rekordjahr 2011 über hundert.
«Swiss Made» – auch in Zukunft
Was die Ferrum-Maschinen weltweit auszeichnet, sind ihre Präzision und Qualität. Sie sind das Resultat hervorragender Fachkräfte in der Schweiz, deren Aus- und Weiterbildung. 2001 gewinnt der Ferrum-Mitarbeitende Peter Limacher die nationale Polymechaniker- Meisterschaft und darf dadurch im selben Jahr die Schweiz bei den 36. Berufsweltmeisterschaften in Seoul (Südkorea) vertreten. Auf den tausendstel Millimeter bearbeitet er die Werkstoffe – nach vier Tagen Wettkampf unter insgesamt 640 Konkurrenten landet er auf dem vierten Platz. Auch das zeigt: Ferrum ist spitze, weil die Mitarbeitenden von Ferrum spitze sind. Allerdings darf auch Ferrum nicht die Augen verschliessen vor den Trends und Megatrends. So bleibt der starke Franken eine Bedrohung des Standorts Schweiz, schliesslich bezahlen über 90 Prozent der Kunden in Fremdwährungen. Zudem schrumpft Europas Bevölkerung im Vergleich zur Weltbevölkerung markant. Schon heute leben nur noch knapp zehn Prozent der Weltbevölkerung in Europa und dieser Anteil verringert sich in den kommenden Jahrzehnten nochmals deutlich. Asien hingegen wächst weiter und bietet auch bezüglich des Dosenverbrauchs grosses Potenzial. Die Märkte bewegen sich – und Ferrum mit ihnen. Viele langjährige OEM-Kunden, gerade in China, wünschen sich eine lokale Ansprechperson. Für Ferrum eine Chance, ihr Geschäft mit After-Sales Services zu verstärken. So bieten heute Servicestellen in den USA, Brasilien, Indien, Malaysia und China weltweit reaktionsschnelle und lösungsorientierte Dienstleistungen für ihre Kunden. Dieses Qualitätsbewusstsein hat bei Ferrum Tradition, aber auch Zukunft.